Internationaler Tag der psychischen Gesundheit
Seit Gründung im Jahr 1999 bietet das Kinderhilfswerk österreichweit in Zusammenarbeit mit 140 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut*innen kostenfreie Psychotherapie für junge Menschen bis 18 Jahre an, seit 2014 mit Unterstützung der Gesundheitskasse. Bei Bedarf wird dieses Angebot durch Elternberatung ergänzt. In den vergangenen sieben Jahren konnte so 2.921 Kindern und Jugendlichen mit 35.048 Therapieeinheiten geholfen werden.
Albert Maringer, Vorsitzender des ÖGK-Landesstellenausschusses: „Die Kinder- und Jugendgesundheit hat einen großen Stellenwert in der Österreichischen Gesundheitskasse. 2020 konnten wir sogar SV-weit eine großflächige Kinder- und Jugendgesundheitsstrategie beschließen. Aktuell erarbeiten wir die Maßnahmenpakete. Die enorm wertvolle Kooperation mit dem Kinderhilfswerk werde ich darin als Role Model anführen. Denn hier arbeiten echte Spezialisten und Spezialistinnen, die auch zu Kindern in den schwierigsten Lebenslagen noch einen Zugang aufbauen können. Wo Standardtherapien an ihre Grenzen stoßen, kommt dieses Team noch vorwärts. Dafür spreche ich dem Kinderhilfswerk meinen tiefen Dank und Respekt aus. Wir alle wissen: In der Kindheit werden Weichen gestellt, die großen Einfluss auf die Gesundheit haben und alle weiteren Lebensgewohnheiten nachhaltig prägen. Investitionen in unsere Kinder sind Investitionen in unsere Zukunft, denn aus gesunden Kindern werden gesunde Erwachsene.“
V.l.n.r: Rudolf Fessl und Maria Fessl vom Kinderhilfswerk mit Albert Maringer von der ÖGK
Wann ein Kind professionelle Hilfe braucht
Wenn sich ein Kind bei einem Sturz verletzt und am Knie blutet, liegt es auf der Hand, dass die Wunde mit einem Pflaster verarztet werden muss. Doch wann braucht ein psychisch belastetes Kind professionelle Hilfe, wann ist die rechte Zeit dafür? Was sind die Warnsignale? Diese Fragen stellen Eltern den Fachleuten des Kinderhilfswerks immer wieder.
Grundsätzlich ist der Weg zu professionellen Helfer*innen immer dann angebracht, wenn problematische Verhaltensweisen mehrere Lebensbereiche betreffen (z.B. Schule, Familie, Freund*innen, Freizeit), über einen längeren Zeitraum anhalten und das erträgliche Maß sowohl für die Eltern, als auch für das Kind überschritten wird. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn ein Kind oder ein*e Jugendliche*r über Wochen traurig, verzweifelt und antriebslos wirkt, Ein- oder Durchschlafprobleme hat, appetitlos ist, seine Freund*innen nicht mehr treffen möchte und sein geliebtes Hobby aufgibt, dann müssen bei den Eltern die Alarmglocken läuten.
Der dauerhafte Rückzug ins Alleinsein und ins Nichtstun muss immer Anlass zu größter Sorge sein, genauso wie Suchtverhalten (z.B. Drogenkonsum, Spielsucht, Essstörungen, uvm.) sowie die Weigerung, die Schule bzw. den Ausbildungsplatz zu besuchen. Schließlich sind anhaltende körperliche Beschwerden wie Kopf- oder Bauchschmerzen, Übelkeit oder Schwindel, denen kein organischer Befund zugrunde liegt, ein Warnsignal dafür, dass es sich nicht nur um eine vorübergehende „schlechte Phase“ des Kindes handelt, die von selbst vorbeigehen wird.
„Eltern haben in der Regel ein gutes Gefühl dafür, wann der Punkt gekommen ist, Hilfe von außen zu holen“, erklärt Rudolf Fessl. „Ich kann jede Mutter und jeden Vater nur ermutigen, auf das eigene Bauchgefühl zu hören und nicht zu glauben, man könne eine psychische Krise gemeinsam mit dem Kind aussitzen. Wartet man zu lange ab droht die Gefahr, dass Belastungen, die mit Psychotherapie relativ rasch und wirksam abgefangen werden können, chronisch werden.“